Wie köstlich ist deine Güte Gott, dass Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben. Psalm 36,8

Wenn die Seele fliegen lernt…

Seit über zehn Jahren besteht die „KinderKunstKirche“ in Essen-Frohnhausen. Sie ist durch die Kooperationsarbeit mit dem Kunstraum Notkirche und dem Familienzentrum entstanden. Gemeinsam pflegen wir eine intensive Zusammenarbeit, die Kindern und Erwachsenen zu Gute kommt. Vor Ort entstehen vielfältige Möglichkeiten, sich mit Bildender Kunst auseinander zu setzen.

Im Kunstraum treffen wir immer wieder auf neue Künstlerinnen und jeder Künstler, die uns inspirieren, selbst auch kreativ tätig zu werden. Hier spürt man die eigene Atmosphäre, die dieser Raum ausstrahlt. Besonders bemerken das Kinder.  Sie erleben den Raum, begehen ihn, zeichnen, malen und werken dort. Wer hier arbeitet erlebt eine Aura, die einzigartig ist. In all den Jahren der Kooperationsarbeit haben wir das immer wieder neu erfahren dürfen. Jede Künstlerin und Künstler hat ihre oder seine individuelle Art und Weise, den Kindern und Erwachsenen Bildende Kunst näher zu bringen.

Für uns als Pädagoginnen stehen Bildung, Erziehung und Betreuung im Mittelpunkt der Arbeit. Wir bieten einen Lebensraum, der offen ist für alle Menschen und Generationen in der Kirchengemeinde und im Sozialraum, unabhängig von religiöser und weltanschaulicher Orientierung. Die Kinder werden zum Denken, Diskutieren und Philosophieren angeregt. Begegnungen mit Bildender Kunst, Kreativität und Musik gehören zu unseren Schwerpunkten. Dabei soll es selbstverständlich sein, verantwortlich in der Schöpfung zu leben und unsere Mitwelten zu achten.

Die Arbeit mit Kindern im Familienzentrum orientiert sich an der Reggio-Pädagogik. Das heißt, Grundlage des Konzeptes ist die Vorstellung von einem Kind, das aktiv am Aufbau seines Wissens beteiligt ist. Das Kind wird als „sprudelnde Quelle“ bezeichnet und so begleitet, dass auf Augenhöhe  Bildungsprozesse mit Selbstbildungspotentialen stattfinden können.

Zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum steht für Bildung mit nachhaltiger Entwicklung. Dies trifft besonders auch auf den Kunstraum Notkirche zu. Durch das Angebot der Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst bekommen Kinder aus Familien, die nicht so häufig mit Bildender Kunst in Berührung kommen, die Möglichkeit einen Zugang zu finden. So können sich erste Türen öffnen und Horizonte erweitern, die Kinder zukünftig für diesen Bereich sensibilisieren können.

In einigen Ausstellungen im Laufe der Jahre haben wir in der Passionszeit mit Kindern auch das Abendmahl gefeiert. Für Kinder und Mitarbeitende war das besonders berührend. Religionsübergreifend haben alle, die diese Ausstellungen besucht haben, am Abendmahl teilgenommen. Die Kinder stellten ihre Fragen zu den Abläufen und fanden ihre Antworten.

Ein Kind erzählt: Beim letzten Abendmahl verteilt Jesus Brot. Er wurde von einem Freund am Tisch verraten. Die anderen laufen später im Garten weg und lassen Jesus allein. Wenn ein Freund von mir ein Problem hat, laufe ich nicht weg. Nach der Auferstehung verteilt Jesus wieder Brot. Die Männer erkennen dabei, dass es Jesus ist. Er spricht zu ihnen: „Habt keine Angst, ich bin es Jesus!“ Der Jesus musste zu Gott, aber gesagt hat er: „Ich bleibe in euren Herzen!“

Mit einigen Künstlerinnen und Künstlern ist es uns gelungen, Projektarbeiten in die Räumlichkeiten des Familienzentrums zu evaluieren. Es entstanden beeindruckende Einzelarbeiten und interessante gemeinsame Produkte der Kinder.

So bauten sie in Eigenregie aus Baumrinden, Holzspänen, gesammelten Blättern, mitgebrachten Eiern für ein Nest, Blumen, Äpfeln, Kastanien und Nüssen auf den Fußboden des Mehrzweckraumes im Familienzentrums den „Allesbaum“. Die Kinder entdeckten während ihrer Arbeiten kleine Krabbeltiere in ihrem  „Allesbaum“, so wurde dieser für sie lebendig. Tagelang wurde an dem Kunstwerk gebaut, verschönert, beobachtet und gesungen. Die Kinder forschten und entdeckten. Es war viel an Teamgeist zu spüren.

Kleine Hände schaffen mit Papier, Pappe, Ton, Knete, Holz oder Farben phantastische Wirklichkeiten. Zur Kreativität gehören Wagnis, Mut und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Deshalb brauchen Kinder viele Gelegenheiten, ihre Eindrücke, Wünsche und Träume gestalterisch frei zu entwickeln und zu verwirklichen. Nur so können solche Unikate von Kindern entstehen. Kinder stärken damit ihr Selbstbewusstsein und entwickeln ein gesundes Selbstvertrauen. Wer sagt denn, dass Hexen immer einen Hexenhut oder Zwerge Zipfelmützen tragen? Wenn Kinder dazu angeregt werden und ihre Arbeiten Wertschätzung erfahren, dann lernen ihre Seelen zu fliegen.

Als Team wollen wir neugierig mit den uns anvertrauten Kindern und Familien auf die Welt in ihrer Vielfalt  bleiben, deshalb freuen wir uns auf noch viele Besuchsmöglichkeiten von Ausstellungen im Kunstraum Notkirche.

Martina Sonnenberg